Rede Barack Obama zu signalerfassender
Aufklärung am 17. Januar 2014 im US-Justizministerium
WASHINGTON – (AD) – Nachfolgend
veröffentlichen wir die Rede, die US-Präsident Barack Obama am 17. Januar 2014 im US-Justizministerium hielt.
Als unsere Republik gegründet wurde,
entstand in Boston aus der Organisation The Sons of Liberty ein
kleines, geheimes Überwachungskomitee. Zu den Mitgliedern dieser Gruppe gehörte
auch Paul Revere. Nachts patrouillierte er auf den Straßen und berichtete, wenn
es Anzeichen gab, dass die Briten Überfälle auf die frühen amerikanischen
Patrioten vorbereiteten.
Im Verlauf der amerikanischen Geschichte
hat Aufklärung immer wieder dazu beigetraten, unser Land und unsere Freiheiten
zu schützen. Im Bürgerkrieg wurde mit Ballons die Größe der Konföderiertenarmee
erkundet, indem man die Zahl der Lagerfeuer zählte. Im Zweiten Weltkrieg
verschafften wir uns Einsicht in die Kriegspläne der Japaner, indem wir Codes
knackten, und als Patton in Europa einmarschierte, halfen abgefangene
Nachrichten, das Leben seiner Soldaten zu retten. Nach dem Krieg, zu Zeiten des
Eisernen Vorhangs und mit dem Aufkommen von Atomwaffen, wurde es noch
wichtiger, kontinuierlich nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu sammeln.
Präsident Truman rief daher zu Beginn des Kalten Krieges die National
Security Agency, auch NSA genannt, ins Leben, um Erkenntnisse über den
Sowjetblock zu gewinnen und unseren führenden Politikern die Informationen
zukommen zu lassen, die sie brauchten, um Angriffe abzuwehren und eine
Katastrophe abzuwenden.
Während dieser Entwicklung kam uns sowohl
unsere Verfassung als auch unsere Tradition, die Befugnisse der Regierung
einzuschränken, zugute. Die US-Nachrichtendienste waren fest in einem System
der gegenseitigen Kontrolle der Gewalten verankert – mit
Überwachungsmechanismen für gewählte Vertreter und Schutzmechanismen für die
Bürger. Totalitäre Staaten wie Ostdeutschland lieferten inzwischen ein
abschreckendes Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn weitreichende und
unkontrollierte Überwachung die Bürger zu Informanten macht und Menschen
aufgrund dessen verfolgt werden, was sie in ihren eigenen vier Wänden sagen.
Und auch die Vereinigten Staaten waren
nicht als immun gegen den Missbrauch von Überwachung. In den Sechzigerjahren
des 20. Jahrhunderts spionierte die Regierung Bürgerrechtler und Kritiker des
Vietnamkriegs aus. In den Siebzigerjahren wurden, zum Teil als Reaktion auf
diese Enthüllungen, neue Gesetze verabschiedet um zu gewährleisten, dass unsere
nachrichtendienstlichen Fähigkeiten nicht gegen unsere eigenen Bürger
eingesetzt werden. Der lange Kampf gegen den Kommunismus erinnerte uns daran,
dass wir die Freiheiten, die wir erhalten wollten, nicht der nationalen
Sicherheit opfern durften.
Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion
gab es für die Vereinigten Staaten nun zwar keine konkurrierende Weltmacht
mehr, aber die neuen Bedrohungen durch Terrorgruppen und die Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen stellte unsere Nachrichtendienste vor neue und in
mancherlei Hinsicht kompliziertere Aufgaben. Durch die Globalisierung und das
Internet spitzten sich diese Bedrohungen noch weiter zu, indem die Technologie
Grenzen verwischte und es Menschen ermöglichte, extreme Gewalt oder auch
außerordentlich Gutes zu verbreiten. Zudem warfen diese neuen Bedrohungen neue
rechtliche und politische Fragen auf. Denn auch wenn nur wenige an der
Berechtigung zweifelten, feindliche Staaten auszuspionieren, war unser
gesetzliches Regelwerk doch nicht darauf vorbereitet, terroristische Angriffe
einzelner, eigenverantwortlich oder in kleinen, ideologisch motivierten Gruppen
im Namen einer ausländischen Macht handelnd, zu verhindern.
Der Schrecken des 11. September rückte all
diese Dinge in den Vordergrund. Amerikaner aus allen Bereichen des politischen
Spektrums erkannten damals, dass wir uns an eine Welt anpassen müssen, in der
eine Bombe im Keller gebastelt und unser Stromnetz von jemandem sabotiert
werden kann, der sich auf der anderen Seite des Ozeans befindet. Wir waren
erschüttert von den Vorzeichen für die Anschläge, die wir nicht gesehen hatten
– beispielsweise die Telefonanrufe der Entführer bei bekannten Extremisten und
ihre Reisen an verdächtige Orte. Also forderten wir unsere Nachrichtendienste
auf, ihre Fähigkeiten zu verbessern, und wir forderten die
Strafverfolgungsbehörden auf, sich stärker auf die Verhinderung von Angriffen zu
konzentrieren anstatt auf die strafrechtliche Verfolgung von Terroristen im
Anschluss daran.
Man kann die Veränderung der
amerikanischen Nachrichtendienste nach dem 11. September 2001 kaum übertrieben
darstellen. Unsere Behörden mussten auf einmal wesentlich mehr als ihre
traditionelle Aufgabe der Überwachung feindlicher Mächte und der
Informationsbeschaffung für Entscheidungsträger erfüllen. Sie waren nun
aufgefordert, diejenigen zu identifizieren und ins Fadenkreuz zu nehmen, die in
den entlegensten Teilen der Welt Anschläge planen, und die Handlungen von
Netzwerken zu erahnen, die naturgemäß nur sehr schwer von Spionen oder
Informanten infiltriert werden können.
Die Tatsache, dass wir in den letzten zehn
Jahren enorme Fortschritte im Hinblick auf diese neuen Aufgaben gemacht haben,
ist ein Zeugnis der schweren Arbeit und des Pflichtbewusstseins der Frauen und
Männer, die für unsere Nachrichtendienste arbeiten. Heute sind die
Nachrichtendienste aufgrund ihrer neuen Fähigkeiten in der Lage nachzuvollziehen,
mit wem ein Terrorist in Kontakt steht, wohin er reist oder woher er
finanzielle Mittel bezieht. Neue Gesetze ermöglichen einen schnelleren
Informationsgewinn und -austausch zwischen Bundesbehörden und den
Strafverfolgungsbehörden der einzelnen Bundesstaaten und Kommunen. Unsere
Beziehungen zu ausländischen Geheimdiensten wurden erweitert und unsere
Fähigkeiten, Cyber-Angriffe abzuwehren, gestärkt. Durch all diese Fähigkeiten
konnten zahlreiche Angriffe abgewehrt und unschuldige Leben gerettet werden – nicht
nur hier in den Vereinigten Staaten, sondern auf der ganzen Welt.
In unserer Eile, auf sehr reale und neue
Bedrohungsszenarien zu reagieren, wurde jedoch auch das Risiko größer, dass die
Regierung über das Ziel hinausschießt, dass wir im Streben nach Sicherheit
einige unsere Grundfreiheiten verlieren. Unmittelbar nach dem 11. September
haben wir erlebt, dass unsere Regierung Verhörmethoden anwandte, die unseren
Werten widersprachen. Als Senator habe ich verschiedene Praktiken kritisiert,
darunter das Abhören von Telefonaten ohne Genehmigung. Und allzu oft wurden
ohne ausreichende öffentliche Debatte neue Behörden eingerichtet.
Durch gerichtliche Maßnahmen, mehr
Kontrollbefugnisse des Kongresses und Anpassungen der vorherigen Regierung
wurden einige der schlimmsten Exzesse nach dem 11. September eingedämmt, bevor
ich mein Amt antrat. Eine Reihe von Faktoren erschweren jedoch weiterhin die
Bestrebungen der Vereinigten Staaten, das Land zu verteidigen und die
bürgerlichen Freiheiten zu erhalten.
Zunächst einmal bedeuten die
technologischen Fortschritte, die es den amerikanischen Nachrichtendiensten
ermöglichen, eine Al Kaida-Zelle in Jemen oder einen E-Mail-Verkehr zwischen
zwei Terroristen in der Sahelzone zu lokalisieren, auch, dass viel alltägliche
Kommunikation auf der ganzen Welt von uns verfolgt werden kann. Zu einer Zeit,
in der sich unser Leben immer mehr auf digitaler Ebene abspielt, ist diese
Vorstellung für uns alle beunruhigend.
Darüber hinaus bietet die Kombination aus
immer mehr digitalen Informationen und starken Höchstleistungsrechnern
Nachrichtendiensten die Möglichkeit, riesige Datenmengen zu durchsieben, um
Muster zu identifizieren oder Spuren zu verfolgen und so existierende
Bedrohungen auszuschalten. Das gibt uns sehr viele Möglichkeiten. Aber das
Sammeln und Speichern solch riesiger Datenmengen durch die Regierung schafft
auch ein Potenzial für Missbrauch.
Drittens gelten die rechtlichen
Schutzmaßnahmen, die die unautorisierte Überwachung von Amerikanern
einschränken, nicht für nicht-Amerikaner im Ausland. Das ist nicht nur in den
Vereinigten Staaten so; nur wenige, wenn nicht gar keine Spionagebehörden auf
der Welt schränken ihre Aktivitäten jenseits der eigenen Landesgrenzen ein. Es
ist ja der Sinn von nachrichtendienstlicher Arbeit, Informationen zu sammeln,
die nicht frei zugänglich sind. Aber die Fähigkeiten der Vereinigten Staaten
sind einzigartig, und das Potenzial der neuen Technologien bedeutet, dass es
immer weniger technische Einschränkungen gibt. Das bedeutet, dass wir eine
besondere Verpflichtung haben, kritisch zu hinterfragen, was wir tun sollten.
Zu guter Letzt können Nachrichtendienste
nicht ohne Geheimhaltung funktionieren, wodurch ihre Arbeit wenig in der
Öffentlichkeit diskutiert wird. Dennoch ist es – nicht nur innerhalb der
Nachrichtendienste, sondern bei all denjenigen unter uns, die für die nationale
Sicherheit verantwortlich sind – zwangsläufig ein Hang dahingehend zu
beobachten ist, noch mehr Informationen über die Welt zu sammeln, und nicht
weniger. In Ermangelung des institutionellen Erfordernisses einer regelmäßigen
Debatte – und einer öffentlichen und nicht bloß nicht-öffentlichen, der
Geheimhaltung unterliegenden Kontrolle – spitzt sich die Gefahr zu, dass die
Regierung über ihre Ziele hinausschießt. Das gilt insbesondere dann, wenn
Überwachungstechnologien und unsere Nutzung digitaler Informationen sich
deutlich schneller entwickeln als unsere Gesetze.
Aus all diesen Gründen habe ich mir eine
gesunde Skepsis gegenüber unseren Überwachungsprogrammen bewahrt, nachdem ich
Präsident wurde. Ich habe eine Überprüfung unserer Programme durch mein
nationales Sicherheitsteam und unsere Anwälte angeordnet, und in einigen
Bereichen habe ich Änderungen unserer bisherigen Vorgehensweise angeordnet. Wir
haben Kontroll- und Prüfungsmechanismen verstärkt und neue Strukturen
eingeführt, damit die Regeln eingehalten werden. Die Regierung hat verbesserte
Regelungen vorgeschlagen, die vom Foreign Intelligence Surveillance
Court(Gericht für die Überwachung der Auslandsgeheimdienste) angenommen
wurden. Und wir haben dafür gesorgt, dass der Kongress kontinuierlich über
diese Aktivitäten auf dem Laufenden gehalten wird.
Ich habe diese Programme aber nicht
einfach pauschal gestoppt – nicht nur deshalb, weil ich weiß, dass sie uns mehr
Sicherheit bringen, sondern auch, weil nichts in dieser ersten Überprüfung und
nichts, was ich seitdem erfahren habe, darauf hindeutete, dass unsere
Nachrichtendienste versucht haben, das Gesetz zu brechen oder die bürgerlichen
Freiheiten unserer Mitbürger nicht ernst nehmen.
Im Gegenteil, bei einer unbeschreiblich
schwierigen Aufgabe – einer Aufgabe, bei der es darum geht, Handlungen zu
antizipieren, bei der Erfolge unerwähnt bleiben und Irrtümer sich desaströs
auswirken können – halten sich die Frauen und Männer der Nachrichtendiensten,
einschließlich der NSA, konsequent an die Vorschriften, die darauf ausgelegt
sind, die Privatsphäre gewöhnlicher Bürger zu schützen. Sie missbrauchen ihre
Befugnisse nicht, um ihren privaten Telefongesprächen zuzuhören oder ihre
E-Mails zu lesen. Wenn Fehler gemacht werden – was bei jeder großen und
komplizierten menschlichen Unternehmung unvermeidlich ist – korrigieren sie
diese Fehler. Sie tun schwierige Arbeit im Dunkeln, haben oft nicht die
Möglichkeit, über ihre Arbeit zu sprechen, nicht einmal mit Familie und
Freunden – die Frauen und Männer bei der NSA wissen: Sollte es einen weiteren
11. September oder heftige Cyber-Angriffe geben, werden sie diejenigen sein,
die dem Kongress und den Medien erklären müssen, warum sie nicht eins und eins
zusammengezählt haben. Was es den Menschen, die bei der NSA und unseren anderen
Nachrichtendiensten arbeiten, ermöglicht, all diesem Druck standzuhalten, ist
das Wissen, dass ihre Professionalität und ihr Engagement eine ganz
entscheidende Rolle für die Verteidigung unseres Landes spielen.
Auch wenn ich sage, dass unsere
Nachrichtendienste sich an die Gesetze halten und dort Patrioten arbeiten,
waren ich oder andere in meiner Regierung nicht blind für mögliche Auswirkungen
dieser Programme. Diejenigen unter uns, die in den Vereinigten Staaten ein
öffentliches Amt bekleiden, haben eine Verantwortung gegenüber unserer
Verfassung, und während ich an die Integrität jener geglaubt habe, die unsere
Nachrichtendienste leiten, war mir bei der regelmäßigen Beschäftigung mit
unseren nachrichtendienstlichen Operationen klar, dass Veränderungen
hinsichtlich unserer technologischen Möglichkeiten neue Fragen über die
derzeitigen Datenschutzbestimmungen aufwerfen.
Nach einer ausgiebigen Prüfung unserer
Nutzung von Drohnen im Kampf gegen terroristische Netzwerke war ich außerdem
der Meinung, eine neue Prüfung unserer Überwachungsprogramme sei ein
notwendiger nächster Schritt bei unseren Bemühungen, den zeitlich unbegrenzten
Kriegszustand zu beenden, den wir seit dem 11. September aufrechterhalten
haben. Aus diesen Gründen habe ich im vergangenen Mai in einer Rede, die ich an
der National Defense University hielt, darauf hingewiesen,
dass wir eine stärkere öffentliche Debatte über das Gleichgewicht zwischen
Sicherheit und Freiheit brauchen. Was ich zu jener Zeit natürlich nicht wusste,
war, dass nur wenige Wochen nach meiner Rede eine Lawine nicht autorisierter
Enthüllungen Kontroversen im In- und Ausland auslösen sollte, die bis heute
nicht verebbt sind.
Da momentan eine Untersuchung andauert,
werde ich mich nicht zu den Handlungen oder der Motivation von Herrn Snowden
äußern; ich möchte nur hervorheben, dass die Verteidigung unseres Landes in
Teilen auf der Loyalität derer beruht, denen die Geheimnisse unseres Landes
anvertraut werden. Wenn ein Einzelner, der Einwände gegen die Regierungspolitik
hat, das Recht für sich in Anspruch nimmt, geheime Informationen auf eigene
Faust zu veröffentlichen, können wir die Sicherheit unserer Bevölkerung nicht
gewährleisten und unsere Außenpolitik nicht effektiv führen. Abgesehen davon
hat die aufsehenerregende Art und Weise, wie diese Enthüllungen ans Licht
kamen, häufig mehr Aufregung als wirkliche Erkenntnisse nach sich gezogen, und
dabei wurden unseren Gegenspielern Methoden preisgegeben, die unsere
Operationen noch viele Jahre lang in einer Art und Weise beeinträchtigen
könnten, die wir nicht vollständig überblicken können.
Unabhängig davon, wie wir an diese Punkt
gekommen sind, beinhaltet die vor uns liegende Aufgabe mehr als nur ein Beheben
des Schadens, der für unsere Arbeit entstanden ist und mehr als nur das
Verhindern zukünftiger Enthüllungen. Vielmehr müssen wir einige wichtige
Entscheidungen darüber fällen, wie wir uns schützen und unsere weltweite
Führungsrolle erhalten und gleichzeitig die bürgerlichen Freiheiten und den
Datenschutz aufrechterhalten können, die unsere Ideale und die Verfassung
erfordern. Das müssen wir nicht nur deshalb, weil es richtig ist, sondern auch,
weil die Herausforderungen durch Bedrohungen wie Terrorismus, die
Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Cyberangriffe in nächster
Zeit nicht einfach verschwinden werden. Sie werden auch weiterhin ein großes
Problem darstellen. Und damit unsere Nachrichtendienste auch auf lange Sicht
effektiv arbeiten können, müssen wir das Vertrauen der amerikanischen
Bevölkerung und von Menschen auf der ganzen Welt aufrechterhalten.
Diese Bestrebungen werden nicht von heute
auf morgen zu vollenden sein und angesichts der Geschwindigkeit der
technologischen Veränderungen sollten wir nicht erwarten, dass wir in den
Vereinigten Staaten diese Debatte zum letzten Mal führen. Aber ich möchte den
Amerikanern sagen, dass die Arbeit begonnen hat. In den vergangenen sechs
Monaten habe ich eine externe Arbeitsgruppe zur Überprüfung der
Nachrichtendienst- und Kommunikationstechnologien geschaffen und sie damit
beauftragt, Reformempfehlungen abzugeben. Ich habe mich mit dem Ausschuss für
Datenschutz und bürgerliche Freiheiten beraten, der vom Kongress eingesetzt
wurde. Ich habe meinen ausländischen Partnern, Datenschutzverfechtern und
Führungskräften aus der Wirtschaft zugehört. Meine Regierung hat unendliche
Stunden damit zugebracht, zu überlegen, wie die nachrichtendienstliche Arbeit
in dieser Zeit diffuser Bedrohungen und technologischer Revolutionen anzugehen
sei. Bevor ich nun spezielle Veränderungen erläutere, die ich angeordnet habe,
möchte ich einige allgemeine Beobachtungen mit Ihnen teilen, die ein Produkt
dieses Prozesses sind.
Zunächst einmal erkennt jeder an, der sich
mit diesen Problemen beschäftigt, auch Skeptiker gegenüber bestehenden
Programmen, dass wir echten Feinden und wirklichen Bedrohungen ausgesetzt sind
und dass der nachrichtendienstlichen Arbeit eine entscheidende Rolle bei ihrer
Bekämpfung zukommt. Wir können terroristische Angriffe oder Cyber-Bedrohungen
nicht verhindern, wenn wir nicht eine gewisse Fähigkeit haben, die digitale
Kommunikation zu durchdringen – sei es, um Anschlagspläne aufzudecken, um
Schadprogramme abzufangen, die einer Börse gelten, um sicherzustellen, dass
Flugsicherung nicht beeinträchtigt wird oder um zu garantieren, dass Hacker
nicht einfach Ihre Konten plündern können. Es wird von uns erwartet, dass wir
die amerikanische Bevölkerung schützen; deshalb brauchen wir Kapazitäten in
diesem Bereich.
Darüber hinaus können wir unsere
Nachrichtendienste nicht einseitig entwaffnen. Es gibt einen Grund, warum
Blackberrys und iPhones im Situation Room des Weißen Hauses nicht erlaubt sind.
Wir wissen, dass die Nachrichtendienste anderer Länder – darunter auch einige,
die Überraschung über die Enthüllungen Edward Snowdens heucheln – ständig die
Netzwerke der Regierung und der Privatwirtschaft austesten und ihre Programme
weiterentwickeln, um unseren Gesprächen folgen und unsere E-Mails abfangen und
unsere Systeme schädigen zu können. Wir wissen das.
Eine Reihe von Ländern, darunter auch
einige, die die NSA laut und deutlich kritisiert haben, geben im hinter
verschlossenen Türen zu, dass die Vereinigten Staaten als einzige Supermacht
der Welt eine besondere Verantwortung haben, dass unsere
nachrichtendienstlichen Kompetenzen entscheidend sind, um dieser Verantwortung
gerecht zu werden, und dass sie selbst unsere Informationen genutzt haben, um
ihre eigene Bevölkerung zu schützen.
Zweitens: Ebenso, wie passionierte
Bürgerrechtler die Notwendigkeit starker nachrichtendienstlicher Fähigkeiten
erkennen, erkennen diejenigen, die für unsere nationale Sicherheit
verantwortlich sind, an, dass bei fortschreitender Entwicklung
nachrichtendienstlicher Möglichkeiten und der wachsenden Digitalisierung
persönlicher Informationen auch das Potenzial des Missbrauchs wächst. Die
Mitarbeiter der NSA und anderer Nachrichtendienste sind unsere Nachbarn. Sie
sind unsere Freunde und Familienangehörigen. Sie haben genau so elektronische
Bank- und Krankenversicherungsakten wie jeder andere auch. Sie haben Kinder,
die bei Facebook und Instagram sind, und sie wissen besser als viele von uns um
die Schwachstellen des Datenschutzes in einer Welt, in der Transaktionen
aufgezeichnet und E-Mails und SMS gespeichert werden und sogar unsere
Bewegungen mithilfe des GPS auf unseren Handys immer besser verfolgt werden
können.
Drittens sind alle, die in diese
Überprüfungen involviert waren, zu dem Schluss gekommen, dass die
Herausforderungen für den Datenschutz nicht nur durch die Regierung entstehen.
Unternehmen jeder Art und Größe verfolgen, was wir kaufen, speichern und
analysieren unsere Daten und nutzen sie für kommerzielle Zwecke. Das ist der
Grund, weshalb auf Ihrem Computer und Ihrem Smartphone immer wieder
zielgerichtete Werbung erscheint. Aber uns allen ist bewusst, dass die
Standards für staatliche Überwachung höher sein müssen. Angesichts der
einzigartigen Macht des Staates ist es nicht genug, wenn führende Politiker
sagen: Vertrauen Sie uns, wir werden die gesammelten Daten nicht missbrauchen.
Denn die Geschichte kennt zu viele Beispiele verletzten Vertrauens. Unser
Staatssystem baut auf dem Grundsatz auf, dass unsere Freiheit nicht vom
Wohlwollen der Mächtigen abhängen darf – es basiert auf Gesetzen, die die
Mächtigen in ihrem Handeln einschränken.
Mit diesen Beobachtungen möchte ich
unterstreichen, dass die Grundwerte der meisten Amerikaner, wenn es um Überwachung
und Datenschutz geht, sehr viel mehr übereinstimmen als die plumpen
Beschreibungen der vergangenen Monate suggerieren. Diejenigen, die über unsere
existierenden Programmen beunruhigt sind, haben dennoch kein Interesse an einer
Wiederholung der Tragödie vom 11. September, und diejenigen, die diese
Programme verteidigen, stehen den bürgerlichen Freiheiten nicht geringschätzig
gegenüber.
Die Herausforderung liegt darin, die
richtige Feinjustierung vorzunehmen, und das ist nicht einfach. Tatsächlich
habe ich während unserer Überprüfung oft gedacht, dass ich heute nicht hier
wäre, hätte es nicht so mutige Dissidenten wie Martin Luther King gegeben, die
von ihrer eigenen Regierung ausgespäht wurden. Und als Präsident, ein
Präsident, der sich jeden Morgen mit nachrichtendienstlichen Berichten befasst,
kann ich gar nicht anders als daran zu denken, dass die Vereinigten Staaten
angesichts von Bedrohungen wachsam sein müssen.
Glücklicherweise hat dieser
Überprüfungsprozess durch seinen Fokus auf Fakten und Details anstelle von
Spekulationen und Hypothesen mir – und hoffentlich auch den Amerikanern – eine
klare Richtung für Veränderungen gezeigt. Und heute kann ich eine Reihe
konkreter und grundlegender Reformen ankündigen, die meine Regierung auf
administrativem Wege oder durch eine Kodifizierung durch den Kongress umsetzen
will.
Zunächst einmal habe ich eine neue
Präsidialrichtlinie für unsere signalerfassende Aufklärung im In- und Ausland
herausgegeben. Diese Richtlinie wird die Aufsicht der Exekutive über unsere
nachrichtendienstlichen Aktivitäten stärken. Sie wird sicherstellen, dass wir
unsere Sicherheitsanforderungen, aber auch unsere Bündnisse berücksichtigen,
unsere Handels- und Investitionsbeziehungen, einschließlich der Anliegen
amerikanischer Unternehmen, und unsere Verpflichtungen in Sachen Datenschutz
und grundlegende Freiheiten. Und wir werden Entscheidungen über Prioritäten in
der nachrichtendienstlichen Arbeit uns sensible Ziele jährlich neu überprüfen,
so dass unser Handeln regelmäßig von meinem hochrangigen nationalen
Sicherheitsteam untersucht wird.
Zweitens werden wir existierende Programme
und Prozesse reformieren, um unsere Überwachungsaktivitäten transparenter zu
gestalten und um die Sicherheitsmaßnahmen, die die Privatsphäre amerikanischer
Bürger schützen, zu stärken. Seit wir mit dieser Überprüfung begonnen haben,
haben wir einschließlich der Informationen, die heute freigegeben werden, mehr
als 40 Gutachten und Entscheidungen des Foreign Intelligence
Surveillance Court, der unsere sensibelsten nachrichtendienstlichen
Aktivitäten juristisch überprüft, veröffentlicht, darunter auch das Programm
gemäß Paragraph 702 (Section 702), in dem es um nicht-Amerikaner im
Ausland geht, und Paragraph 215, das Telefon-Metadaten-Programm.
Weiterhin werde ich den Direktor der
nationalen Nachrichtendienste anweisen, in Absprache mit dem Justizminister
künftige Gutachten des Gerichts mit Auswirkungen auf den Datenschutz jährlich
zu überprüfen, um ihre Freigabe zu ermöglichen, und mir und dem Kongress über diese
Arbeit Bericht zu erstatten. Um sicherzustellen, dass das Gericht ein breiteres
Spektrum an Perspektiven zum Datenschutz hört, rufe ich auch den Kongress auf,
die Schaffung eines Gremiums externer Fürsprecher zu autorisieren, um in
wichtigen Fällen, die dem Foreign Intelligence Surveillance Court vorgelegt
werden, eine unabhängige Stimme zu haben.
Drittens werden wir zusätzliche
Schutzbestimmungen für Aktivitäten einführen, die im Einklang mit Paragraph 702
durchgeführt werden, der der Regierung erlaubt, die Kommunikation
nicht-amerikanischer Zielpersonen im Ausland abzufangen, die im Besitz von
Informationen sind, die für unsere nationale Sicherheit von Bedeutung sind. Ich
bitte insbesondere den Justizminister und den Direktor der nationalen Nachrichtendienste,
Reformen auf den Weg zu bringen, die die Befugnisse der Regierung weiter
einschränken, wenn es darum geht, Mitteilungen zwischen Amerikanern und
ausländischen Bürgern, die zufällig gemäß Paragraph 702 gesammelt wurden, zu
speichern, zu durchsuchen und bei der Verbrechensbekämpfung zu nutzen.
Viertens nutzt das FBI bei Ermittlungen
auch die sogenannten Nationalen Sicherheitsbriefe, in denen von Unternehmen
verlangt werden kann, dass sie spezielle und begrenzte Informationen an die
Regierung weitergeben, ohne dass die Verdächtigen von der Anweisung in Kenntnis
gesetzt werden. Dies sind Fälle, in denen es besonders wichtig ist, dass die
Verdächtigen, beispielsweise mutmaßliche Terroristen oder Spione, nicht gewarnt
werden. Wir können und sollten aber transparenter darin sein, wie die Regierung
diese Befugnis nutzt.
Ich habe daher den Justizminister
angewiesen, den Umgang mit den Nationalen Sicherheitsbriefen so zu ändern, dass
ihre Geheimhaltung nicht unbegrenzt sein wird, sondern nach Ablauf einer
bestimmten Frist endet, wenn die Regierung nicht triftige Gründe für eine
längere Geheimhaltung nennt. Wir werden auch Kommunikationsanbietern
ermöglichen, mehr Informationen denn je über ihre Anweisungen zur Weitergabe
von Daten an die Regierung öffentlich zu machen.
Das bringt mich zu dem Programm, das in
den vergangenen Monaten die meisten Kontroversen ausgelöst hat – die
Massenspeicherung von Telefonverbindungen gemäß Paragraph 215. Ich möchte hier
wiederholen, was ich schon einmal gesagt habe, als dieses Thema erstmals
Schlagzeilen machte: Dieses Programm erstreckt sich nicht auf den Inhalt von
Telefonanrufen oder die Namen von Personen, die Anrufe tätigen. Vielmehr ist es
eine Auflistung von Telefonnummern sowie Uhrzeit und Dauer der entsprechenden
Telefonanrufe – Metadaten, die abgerufen werden können, falls und wenn wir den
begründeten Verdacht haben, dass eine bestimmte Nummer mit einer
Terrororganisation in Verbindung gebracht werden kann.
Warum ist das notwendig? Das Programm
entstand aus dem Wunsch heraus, eine Lücke zu schließen, die wir nach dem 11.
September bemerkten. Einer der Entführer vom 11. September, Khalid Al Mihdhar,
rief von San Diego aus in einem bekannten Al Kaida-Unterschlupf in Jemen an.
Die NSA hatte Kenntnis von diesem Anruf, konnte aber nicht sehen, dass er von
einer Person gemacht wurde, die sich bereits in den Vereinigten Staaten befand.
Das Telefon-Metadaten-Programm gemäß Paragraph 215 ist darauf ausgerichtet, die
Kommunikation von Terroristen zu kartieren, damit wir so schnell wie möglich
sehen können, mit wem sie möglicherweise in Kontakt stehen. Diese Fähigkeit
könnte sich auch in einer Krisensituation als wertvoll erweisen. Wenn
beispielsweise in einer unserer Städte ein Bombenanschlag verübt wird und die
Strafverfolgungsbehörden mit Hochdruck daran arbeiten, festzustellen, ob
möglicherweise ein Netzwerk bereitsteht, um weitere Anschläge zu verüben, dann
ist Schnelligkeit alles. Schnell Telefonverbindungen überprüfen zu können, um
beurteilen zu können, ob ein Netzwerk existiert, ist für diese Bemühungen
entscheidend.
Kurzum, das Programm beinhaltet keine
Untersuchung der Telefonverbindungen gewöhnlicher Amerikaner durch die NSA.
Vielmehr führt es diese Verbindungen in einer Datenbank zusammen, die die
Regierung abfragen kann, wenn sie eine bestimmte Spur hat – eine
Zusammenführung der Telefonverbindungen, die die Unternehmen bereits aus
geschäftlichen Gründen gespeichert haben. Die Überprüfungsgruppe fand keinen
Hinweis darauf, dass diese Datenbank vorsätzlich für andere Zwecke missbraucht
wurde. Und ich glaube, dass es wichtig ist, die Fähigkeit, auf die dieses
Programm abzielt, zu erhalten.
Nichtsdestoweniger glaube ich, dass die
Kritiker recht haben, die darauf hinweisen, dass ein solches Programm ohne
entsprechende Sicherheitsmaßnahmen genutzt werden könnte, um mehr Informationen
über unser Privatleben zu sammeln und künftig noch zudringlicheren
Datensammelprogrammen Tür und Tor öffnen könnte. Es ist auch richtig, dass sie
darauf hinweisen, dass das Telefondaten-Sammelspeicherprogramm niemals Thema
einer lebhaften öffentlichen Debatte war, obwohl es der Aufsicht des Foreign
Intelligence Surveillance Court unterlag und mehrfach wieder vom
Kongress genehmigt wurde.
Aus all diesen Gründen glaube ich, dass
wir eine neue Vorgehensweise benötigen. Ich habe daher eine Übergangszeit
angeordnet, nach deren Ablauf das Metadaten-Sammelprogramm gemäß Paragraph 215
in seiner jetzigen Form auslaufen und ein Mechanismus in Kraft treten wird, der
die Fähigkeiten, die wir benötigen, erhalten wird, ohne dass die Regierung
diese großen Mengen an Metadaten speichert.
Das wird nicht einfach werden. Die
Überprüfungsgruppe hat empfohlen, unsere jetzige Vorgehensweise durch eine neue
zu ersetzen, in deren Rahmen die Anbieter oder eine dritte Partei die Daten
speichern und die Regierung bei Bedarf Zugriff auf diese Informationen erhält.
Beide Möglichkeiten bringen Schwierigkeiten mit sich. Sich allein auf die
Datenspeicherung verschiedener Anbieter zu verlassen könnte es beispielsweise
erforderlich machen, dass Unternehmen ihre Vorgehensweise so ändern müssen,
dass wiederum neue Datenschutzprobleme aufkommen. Andererseits würde jede
Drittpartei, die eine große, zusammengeführte Datenbank verwalten würde, eine
staatliche Aufgabe wahrnehmen, das würde aber mehr kosten, mehr rechtliche
Unklarheit mit sich bringen, möglicherweise auch weniger Rechenschaftspflicht –
alles Dinge, die eine zweifelhafte Wirkung auf das Vertrauen der Öffentlichkeit
im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre hätten.
Während des Überprüfungsprozesses waren
einige Beteiligte der Auffassung, dass wir die Fähigkeiten, die wir brauchen,
aufrechterhalten können, indem wir auf existierende Behörden, einen besseren
Informationsaustausch und die jüngsten technologischen Fortschritte setzen.
Aber es muss noch weiter geprüft werden, wie dieses System funktionieren
könnte.
Aufgrund der bestehenden Herausforderungen
habe ich angeordnet, dass der Übergang weg vom bestehenden Programm in zwei
Schritten erfolgen soll. Ab sofort werden wir nur noch bei Telefonaten tätig,
die zwei Stellen von einer Nummer entfernt sind, die mit einer terroristischen
Vereinigung in Verbindung gebracht wird, nicht mehr drei, wie zuvor. Und ich
habe den Justizminister angewiesen, mit dem Foreign Intelligence
Surveillance Court zusammenzuarbeiten, damit während dieser
Übergangsphase die Datenbank nur nach richterlicher Genehmigung oder in
wirklichen Notfällen angezapft werden kann.
Im nächsten, zweiten, Schritt habe ich die
Nachrichtendienste und den Justizminister instruiert, diese Übergangsphase zu
nutzen, um Optionen für eine neue Vorgehensweise zu erarbeiten, die so wirksam
ist wie die bisherigen Fähigkeiten und die Lücken füllen kann, auf die das
Programm gemäß Paragraph 215 ausgelegt war, ohne, dass die Regierung die
Metadaten selbst speichert. Sie werden mir über mögliche Optionen Bericht
erstatten, bevor das Programm am 28. März erneut genehmigt werden muss. Während
dieses Zeitraums werde ich die relevanten Ausschüsse im Kongress konsultieren,
um ihre Meinungen zu hören, und dann werde ich nach Bedarf die Genehmigung des
Kongresses für das neue Programm beantragen.
Die Reformen, die ich heute vorschlage,
sollten die amerikanische Bevölkerung zuversichtlicher stimmen, dass ihre
Rechte geschützt werden, während gleichzeitig unsere Nachrichtendienste und
Strafverfolgungsbehörden die Instrumente behalten, die sie brauchen, damit wir
in Sicherheit leben können. Und mir ist bewusst, dass es weitere Themen gibt,
die noch weiter diskutiert werden müssen. So wünschen sich einige derjenigen,
die an unserer Überprüfung beteiligt waren, aber auch einige
Kongressmitglieder, weiterreichende Reformen im Hinblick auf die Nutzung von
Nationalen Sicherheitsbriefen dahingehend, dass jedes Mal vor Ausstellung einer
solchen Anfrage ein Richter konsultiert werden muss. In diesem Zusammenhang ist
mir wichtig, dass wir für Terrorismusermittlungen keinen Standard schaffen, der
höher ist, als der Standard, der für Ermittlungen bei normalen Straftaten gilt.
Ich stimme aber zu, dass mehr Kontrolle über die Nutzung dieser Briefe
angemessen sein könnte, und ich bin bereit, mit dem Kongress an diesem Thema zu
arbeiten.
Einige wünsche sich andere Änderungen
beim FISA Court als diejenigen, die ich vorgeschlagen habe.
Ich bin bereit bei all diesen Themen mit dem Kongress zusammenzuarbeiten, um
einen breiten Konsens über den künftigen Kurs sicherzustellen, und ich bin
zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden können, die unseren
Sicherheitsbedürfnissen gerecht wird und gleichzeitig die bürgerlichen
Freiheiten jedes einzelnen Amerikaners respektiert.
Jetzt komme ich zu den gesonderten Sorgen
des Auslands. Lassen Sie mich an dieser Stelle auf das Sammeln von
Geheimdienstinformationen durch die Vereinigten Staaten im Ausland eingehen.
Wie ich bereits ausgeführt habe, kommt den Vereinigten Staaten beim Sammeln von
Geheimdienstinformationen eine ganz besondere Verantwortung zu. Unsere
Expertise hilft uns nicht nur, unser eigenes Land zu schützen, sondern dies
gilt auch für unsere Freunde und Verbündeten. Aber unsere Arbeit kann nur dann
Früchte tragen, wenn auch ganz normale Bürger anderer Länder darauf vertrauen,
dass die Vereinigten Staaten auch ihre Privatsphäre respektieren. Der Respekt
vor den Staats- und Regierungschefs unserer engen Freunde und Verbündeten
gebietet es, ihnen zuzusichern, dass ich zum Telefonhörer greifen werde und sie
anrufen werde, wenn wir ihren Standpunkt zu einem bestimmten Thema in Erfahrung
bringen wollen, anstatt auf Überwachungsergebnisse zurückzugreifen. Anders
gesagt: Genauso, wie wir eine gute Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre
hier bei uns zu Hause herstellen, macht es unsere globale Führungsrolle
erforderlich, dass wir ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unseren
Sicherheitsanforderungen und der Notwendigkeit des fortgesetzten Vertrauens und
der Zusammenarbeit mit Menschen und führenden Politikern auf der ganzen Welt
erreichen.
Aus diesem Grund wird in der neuen
Präsidialrichtlinie, die ich heute erlassen habe, genau festgeschrieben, was
wir in Sachen Aufklärung im Ausland tun und was nicht. Zunächst einmal wird in
der Richtlinie klargestellt, dass die Vereinigten Staaten die signalerfassende
Aufklärung ausschließlich für legitime nationale Sicherheitsziele nutzen, und
nicht, um wahllos den Mailverkehr oder die Telefonate gewöhnlicher Bürger zu
verfolgen. Ich habe auch betont, dass die Vereinigten Staaten keine
Geheimdienstinformationen sammeln, um Kritik oder abweichende Meinungen zu
unterdrücken. Genau so wenig sammeln wir Informationen, um Menschen aufgrund
ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung
oder ihres Glaubens zu diskriminieren. Wir sammeln auch keine
Geheimdienstinformationen, um amerikanischen Firmen oder bestimmten
amerikanischen Branchen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Was die Sammelerhebung durch
signalerfassende Aufklärung betrifft – amerikanische Nachrichtendienste werden
diese Daten nur nutzen, um bestimmten Sicherheitsanforderungen Rechnung zu
tragen: der Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung, Nichtverbreitung von
Massenvernichtungswaffen, der Cybersicherheit, dem Schutz unserer Truppen und
der Truppen unserer Verbündeten sowie der Bekämpfung von grenzüberschreitender
Kriminalität, darunter die Umgehung von Sanktionen.
Mit der Direktive werden einige
Schutzbestimmungen, die normalerweise nur für amerikanische Staatsbürger
gelten, auch Nicht-Amerikanern gewährt. Dies ist ein beispielloser Schritt. Ich
habe den Nationalen Beauftragten für die Nachrichtendienste angewiesen, in
Zusammenarbeit mit dem Justizminister diese Schutzbestimmungen auszuarbeiten,
die den Zeitraum begrenzen werden, während dessen wir persönliche Informationen
speichern dürfen, und die zudem die Nutzung dieser Informationen einschränken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass
Menschen überall auf der Welt, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, wissen
sollen, dass die Vereinigten Staaten keine ganz normalen Bürger ausspähen, die
unsere nationale Sicherheit nicht bedrohen, und bei unseren staatlichen Maßnahmen
und Verfahren berücksichtigen wir ihre Sorge um ihre Privatsphäre. Gleiches
gilt auch für ausländische Staats- und Regierungschefs. Verständlicherweise
wurde dieser Thematik viel Aufmerksamkeit gewidmet und deshalb habe ich
gegenüber den Geheimdiensten betont, dass wir die Kommunikation der Staats- und
Regierungschefs unserer engen Freunde und Verbündeten nicht überwachen werden,
es sei denn dies ist unerlässlich für unsere nationale Sicherheit. Außerdem
habe ich meine Mitarbeiter, die sich mit nationalen Sicherheitsfragen befassen,
sowie auch die Geheimdienste angewiesen, unsere Koordinierung und
Zusammenarbeit so zu vertiefen, dass zukünftig wieder neues Vertrauen entsteht.
Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen:
Unsere Nachrichtendienste werden auch weiterhin weltweit Informationen über die
Absichten ausländischer Regierungen – und nicht normaler Bürger – sammeln,
genau wie das auch die Nachrichtendienste aller anderen Länder tun. Wir werden
uns nicht entschuldigen, nur weil unsere Dienste eventuell effektiver sind.
Aber diejenigen Staats- und Regierungschefs, mit denen wir eng zusammenarbeiten
und auf deren Kooperation wir angewiesen sind, sollten darauf vertrauen können,
dass wir sie als echte Partner behandeln. Und genau darauf zielen die Reformen
ab, die ich in Auftrag gegeben habe.
Ein letzter Punkt: Um sicherzustellen,
dass all diese Reformen auch umgesetzt werden, nehme ich einige wichtige
Änderungen an der Organisation der Regierung vor. Das Außenministerium wird
einen hochrangigen Beauftragten ernennen, der unsere Außenpolitik in den
Feldern Technologie und Signalaufklärung koordiniert. Wir werden einen
hochrangigen Beamten im Weißen Haus ernennen, der für die Umsetzung der neuen
Datenschutzbestimmungen verantwortlich ist, die ich heute angekündigt habe. Ich
werde die notwendigen Ressourcen einsetzen, um das Verfahren für
Rechtshilfeersuchen aus dem Ausland zu zentralisieren und zu verbessern und
dabei unsere hohen Datenschutzstandards wahren, und zugleich werden wir
internationalen Partnern bei der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus
helfen.
Außerdem habe ich meinen Berater John
Podesta damit beauftragt, die federführende Rolle bei einer Überprüfung des
Umgangs mit Big Data – großen Datenmengen – und dem Datenschutz zu übernehmen.
Diese Arbeitsgruppe wird sich aus Regierungsvertretern zusammensetzen, die
gemeinsam mit dem Beratungsgremium des Präsidenten für Wissenschaft und
Technologie den Kontakt zu Datenschutz- und Technologieexperten sowie führende
Unternehmen suchen werden, um zu eruieren, wie die öffentliche und die private
Hand mit den Herausforderungen, die mit Big Data einhergehen,
umgehen, ob wir uns auf internationale Standards für den Umgang mit diesen
Daten einigen können, und wie wir weiterhin den freien Informationsfluss so
fördern können, dass der Datenschutz und Sicherheitsaspekte ausreichend
berücksichtigt werden.
Denn letztlich geht es hier um viel mehr
als um einige schlagzeilenträchtige Monate oder vorübergehende Spannungen in
unseren Außenbeziehungen. Lässt man all dies einmal beiseite, geht es im Kern
darum, wie wir uns selbst in einer Welt treu bleiben, die sich atemberaubend
schnell wandelt. Ob es nun die Möglichkeit Einzelner ist, Ideen zu verbreiten,
auf Informationen zuzugreifen, die früher jede große Bibliothek in jedem Land
der Welt gefüllt hätten, oder sich mit Menschen an allen Enden der Erde
auszutauschen: Technologische Neuerungen stecken den Handlungsrahmen von
Menschen und Institutionen und der internationalen Ordnung neu ab. Die
Reformen, die ich angekündigt habe, werden unserer Politik eine neue Richtung
geben, aber mir ist auch bewusst, dass in Zukunft noch mehr Anstrengungen nötig
sein werden.
Aber eines weiß ich: Wir werden aus dieser
Debatte gestärkt hervorgehen. Und ich weiß auch, dass die Vereinigten Staaten
in diesen Zeiten des Wandels eine Führungsrolle spielen müssen. Manchmal
gewinnt man vielleicht den Eindruck, dass für die Vereinigten Staaten eine
andere Messlatte gilt. Und ich muss gestehen, dass die Bereitschaft einiger,
unserer Regierung die schlechtesten Motiven zu unterstellen, manchmal
frustrierend sein kann. Niemand erwartet von China eine offene Debatte über die
Überwachungsprogramme des Landes oder von Russland, die Privatsphäre von
Menschen im Ausland zu berücksichtigen. Aber führen wir uns noch einmal vor
Augen, dass an uns eine andere Messlatte angelegt wird, da wir Privatsphäre und
Menschenwürde immer sehr verteidigt haben.
Unser Land hat das Internet erfunden und
daher erwartet die Welt von uns, sicherzustellen, dass die digitale Revolution
den Einzelnen stärkt und nicht zu mehr staatlicher Kontrolle führt. Wir sind
den Gefahren des Totalitarismus, des Faschismus und des Kommunismus erfolgreich
begegnet und nun erwartet die Welt von uns, dass wir uns für das Recht eines
jeden einsetzen, in Freiheit zu denken, zu schreiben und mit anderen zu
interagieren – denn persönliche Freiheit ist die Quelle menschlichen
Fortschritts.
Diese Werte machen uns zu dem, was wir
sind. Und da unsere eigene Demokratie so stark ist, sollten wir nicht vor hohen
Erwartungen zurückschrecken. Seit mehr als zwei Jahrhunderten hat sich unsere
Verfassung in Zeiten des Wandels bewährt, da wir bereit waren, sie zu
verteidigen und da wir bereit waren, die Maßnahmen zu hinterfragen, die zu
ihrem Schutz ergriffen wurden. Heute ist das nicht anders. Ich glaube, dass wir
hohen Erwartungen gerecht werden können. Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg
einschlagen, der unser Land ausreichend schützt und gleichzeitig die Freiheiten
erhält, die es so lohnenswert machen, sich für unser Land einzusetzen.
Vielen Dank. Möge Gott Sie segnen. Möge
Gott die Vereinigten Staaten von Amerika segnen.
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